Kinderwunsch: Adoption und Vollzeitpflege

„Ein Kind ist ein Kind“

Der Satz steht über allem und fasst in seiner Schlichtheit die gesamte Situation zusammen. Die Familiengründung mit der Annahme eines Kindes (ganz gleich ob Adoption oder Vollzeitpflege) ist gleichzeitig besonders und in keiner Weise unterschiedlich zur Familiengründung mit einem leiblichen Kind.

Besonders wird sie, weil sie neben der Erfüllung eines persönlichen Wunschs auch immer sinnstiftend und sinnvoll im Kontext der Gesellschaft ist. Es ist immer auch ein solidarischer Beitrag und damit quasi „Best of both worlds“: Tue Gutes für Dich und gleichzeitig die Menschen um Dich herum.

Sie ist herausfordernd, weil es eben nie „nur“ das Kind ist, das man in seine Familie, sein Herz aufnimmt. Da ist die besondere Geschichte des Kindes, der Herkunftsfamilie. Bedürftigkeit, Vernachlässigung, Verletzungen, Drogenentzug, gescheiterte Träume und Wünsche. Die Liste ist so lang wie individuell. Man sollte sich von Anfang an klar sein, dass man nie bei Null startet, sondern sich bewusst sein muss, sich aktiv und offen auf die bisherige Lebensgeschichte und Herkunft des Kindes einzulassen, damit umzugehen, daran zu arbeiten. Denn diese Vergangenheit ist integraler Teil der Lebensgeschichte des Kindes und wird es immer begleiten. Und dies nicht nur innerhalb der eigenen Familie, sondern gemeinsam mit anderen Menschen, dem Jugendamt, ggf. der Herkunftsmutter oder -familie, Familiengerichten, Therapeuten, der Schule. Dies erfordert Offenheit und Bereitschaft, kontinuierlich zu lernen.

Gleichzeitig ist es enorm erfüllend und beglückend, schlicht, weil man eine Familie gründet, weil man einem Kind einen zentralen Platz in seinem Herzen einräumt. Es kommt ganz sicher der Moment, in dem man – eben noch voller Ängste und Zweifel – mit Tränen in den Augen vor einem Kind steht, irgendwie noch ein „Hallo“ hervordrückt und sich innerhalb einer Sekunde zu 100% sicher ist, den Rest seines Lebens ohne Wenn und Aber für dieses Würmchen, für sein Kind da sein zu wollen. Emotional gibt es keinen Unterschied zwischen leiblichen und angenommenen Kindern. Beide liebt man bedingungslos, beide möchte man später von Zeit zu Zeit an die Wand klatschen. Mit beiden durchlebt man über die Jahre eine Achterbahn der Gefühle, mit beiden lacht man, weint man, kuschelt man, erlebt man die schönsten und schlimmsten Momente seines Lebens.

Und das ist es dann: das Leben mit angenommenen Kindern. Ganz normal und besonders zugleich. Es gibt keinen Grund, auch nur für eine Sekunde Angst zu haben. Aber man sollte sich bewusst sein und für sich annehmen, dass man sein Herz eben nicht „nur“ für das Kind geöffnet hat. Und trotzdem lässt es sich am Ende immer auf eben diesen einen Punkt verdichten: „Ein Kind ist ein Kind.“


5 Gedanken zu „Kinderwunsch: Adoption und Vollzeitpflege“

  1. Hallo Liebe Annehmenden,
    Kinder zu bekommen ist – oder sollte es zumindest sein – eine bewusste Entscheidung. Als selbst Angenommen kann ich die Aussagen nur voll unterschreiben. So habe ich es erlebt.
    Jedes Kind ist sein eigener Kosmos – Elterrn dürfen ihn entdecken

  2. Der Text spiegelt genau wider, was ich bei Freunden von mir erlebe. Hätte ich nicht gewusst, dass die Kinder angenommen sind, ich wäre nie darauf gekommen. Die Verbindung, die Nähe und die Wärme in der Familie ist in jeder Minute spürbar – mehr als in manchen anderen Familien!

  3. Mich berührt dieser Text auch sehr – und ich gehe ihn in fast allem mit. Allerdings kann ich als Mutter eines leiblichen und eines adoptierten Kindes für mich sagen (und ich betone ganz bewusst das „für mich“): Der Satz „und in keiner Weise unterschiedlich zur Familiengründung mit einem leiblichen Kind.“ passte bei uns nicht. Viele Grüße von Nina

Schreibe einen Kommentar